Buch „Chemnitzer Geisterstunde“

von Dr. Hans-Dieter Langer, Niederwiesa

„Chemnitzer Geisterstunde“, Books on Demand GmbH, Norderstedt (2014) 180 Seiten. ISBN-10: 3734739039, ISBN-13: 978-3734739033, 6,99 Euro,   auch als E-Book (3,99 Euro)

 

Zum Inhalt

Geisterstunde

Auch eine Großstadt blickt auf eine Zeit zurück, in der die Geschichte nicht geschrieben, sondern nur gelebt wurde. Dies ist die Wiege der Sagen, Legenden und Märchen ihrer Bewohner … oder der eine Teil der Chemnitzer Geisterstunde. Mit dem Einzug der Moderne sollte dieser Spuk ein Ende haben. Doch weit gefehlt, die Geister leben länger als Menschen. Und es kommen immer neue hinzu. Die Schar der Berg- und Klostergeister wird laufend ergänzt durch die der auserwählten Bürgergeister. Für die Geisterstunde steht das umfangreiche Werk „Die Schatzkammern von Chemnitz - Nur eine Saga der uralten Stadt?“1) als Pate zu Buche. Wer also mehr über den Hort und die Quellen der Chemnitzer Geisterschar erfahren möchte, der sehe dort nach oder schaue sich zur Mitternacht den Film „Wenn Steine sprechen könnten -unentdecktes Chemnitz“2) an. 

Der Autor beginnt mit seinem Gedicht „Die Heinzelmännchen zu Chemnitz“, das sich an die Fassung „Die Heinzelmännchen zu Köln“ von August Kopisch (1836) anlehnt und aufzeigen soll, dass diese geheimnisvollen Hausgeister nicht ausgestorben sind, nachdem sie aus Köln vertrieben wurden. Auch er, der in Chemnitz eine neue Heimat fand3), träumte einst als Kind in seinen Schlesischen Märchenstunden4) davon, als Heinzel zu wirken, doch glitten später er und seine Wichtelkameraden ebenfalls auf gestreuten Erbsen aus, wo auch immer sie es versuchten. 

So bleibt für den Rest eine Prosaerzählung, genauso wie einst zu Köln5):

 

Die Heinzelmännchen zu Chemnitz
von Dr. Hans-Dieter Langer, Niederwiesa
                              

Wie war´s zu Chemnitz ehedem?
Man ging zur Arbeit Tag um Tag, 
um das Gemeinschaftsgut zu mehren
und den Sozialismus zu verehren.
                     

Doch übersah man diese heil´ge Pflicht,
die Güter der Geschicht´ zu wahren,
denn sie drohten zu verfallen
im grauen Alltag roter Hallen.
                                         

Auf Kaßberg´s Höh´ verkamen
die stolzen Male alter Blütezeiten
und d´runter in des Berges Bauch
litt eine vergessene Geisterschar … auch.
                     

Da kamen über Nacht die Männchen
die - einst aus Kölen war´n vertrieben
nun wieder Lust bekamen,
in einer Stadt herumzukramen.
                     

Im Dickicht an des Kaßberg´s Hang
fanden sie den Unterschlupf und
entdeckten hier gar seltsam´ Dinge,
manch´ Mundloch und auch Pinge.
                     

Da liefen sie zu allen Ämtern,
argumentierten dort und lamentierten,
sie stöberten in den Archiven
und redeten und schrieben.
                     

Sie bettelten und zettelten
und spitzelten und schaufelten,
sie untersucheten und planeten
und schürfeten und mahneten.
                     

Und eh´ der Hahn kräht´ in der Nacht
war´d ihr erstes Tagewerk vollbracht:
Im Jänner 99 ließ die Presse hoffen
die Unterwelt sei nun für alle offen.
                     

Ein Berggnom und die Klostergeister,
Der Narrengeist des Kriegsprälaten
nebst ruhelosem Schlimpergeist,
Dämonen, Elfen, Feen und Erdengeister,
sie alle fanden ihre Meister.
                     

Doch wie einst des Schneider´s Weib
machten sich auf zum Zeitvertreib
vier Zwerge - künstlich aufgebracht
und streuten Erbsen über Nacht.
                     

Die Rotte hieß mit diesen Namen
Geozwerg und Bergzwerg,
Actionzwerg und Kultzwerg
und ging spontan ans Werk.
                     

Sie verleumdeten und handelten,
verordneten und wandelten,
sie schürten den Konflikt
kraft ihrer Macht in Politikt.
                     

Der Geozwerg, aus dem Metier,
nahm der Historie den Dreh´
und gab gar dem Chemnitzer Geschehen
ein künstlich freibergisch Ansehen.
                     

Er erfand gleich die Geschichten
und sorgte so - mitnichten! -
dass der Untergrund der Stadt
die falsche Herkunft hat.
                     

Er rechnete und knombelte
vermutete und mongelte,
schob hin und her die Hunderte,
verstrickte sich und konterte,
so dass man sich nur wonderte.
                     

Im Bergzwerg fand er einen eitlen Boss,
der groß´ Anseh´n in der Stadt genoss.
Doch hatte dieser Multifunktionär
kaum eine Ahnung vom Metiär.
                     

Als Schlossherr auf dem Berge
zog er die Fäden dieser Zwerge.
Besonders lag ihm wohl am Herzen
die Gäng´ im Berg gar auszumerzen.
                     

Er denkelte und kritisierte,
verwechselte und liiierte,
er tratschelte und klatschelte,
und so alles ganz vermatschelte.
                     

Der Actionzwerg, ein Execute,
sah seine Chanc` im Wirtschaftsgute
und zog sich gleich ans Land
was man so in den Bergen fand.
                     

Mit aller Macht der Steuergelder
bestellte er für sich die Felder
und schlug im Nu
den Wichteln ihre Türe zu.
                     

Da wäre noch ein vierter Stift,
der Kultzwerg, auch ein Bösewicht,
obgleich im Rat berufen für Kultur
gab er den Heinzeln eine Erbsenkur.
                     

Dass sich was konnt´ bewegen
auf bisher unbekannten Wegen
im städtischen Touristenstrom
vermasselte auch dieser Gnom.
                     

Und nahm das Salz von ungefähr
aus Kaßberg´s Bauch;
die Heinzelmännchen auch.

 

Es heißt freilich, je geistreicher die Bürgerschaft daher kommt, desto besser geht es ihrer Kommune. Jedenfalls gibt es dafür aktuelle Beispiele. Somit muss man sich nicht wundern, wenn der Zeiger der Geisterstunde - die natürlich standesgemäß düster daher kommt - nicht auf halbem Wege stehen bleibt, sondern auch den jüngeren Zeitgeist einbezieht.

                                                                                                             

Nun bereitet sich aber Chemnitz auf das Jahr 2025 vor, in dem es als Kulturhauptstadt Europas gefeiert werden wird. Und so möchte der Betreiber dieser Seite schon jetzt einen Beitrag leisten, indem er sein überarbeitetes Büchlein im Pdf-Format jedem geistreichen Bürger dieser Stadt und Umgebung an die Hand gibt:

Chemnitzer Geisterstunde (2020) von Hans-Dieter Langer